One line

Marianthi Papalexandri-Alexandri: Untitled VI

für drei Männerstimmen und Klangobjekte

(2013/2014)

Die Stimme lag absolut nicht in ihrem Aufmerksamkeitsfokus. Marianthi Papalexandri-Alexandri beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Erzeugung und dem Verhalten von Klang. Sie manipuliert Musikinstrumente durch unterschiedlichste Präparationen und macht sie dadurch zum Klangobjekt, und sie erfindetmeist motorgesteuerteKlangobjekte, die ihrerseits wieder als Musikinstrument fungieren. Damit erkundet sie neue Formen der musikalischen Interpretation, und durch ihren Eingriff in die gewohnte Spielpraxis beeinflusst sie auch das Verhalten und die Reaktion der Interpreten selbst. Auch die Eigenschaften des Klangs, den die Resonanzkörper erzeugen, interessieren sie. Unsichtbar, körperlos, beweglich und unberechenbar, ist er mit individueller imaginierter Bedeutung aufgeladen und verleiht ihren Klangobjekten den Charakter eines lebendigen Organismus.
Und nun die Stimme. Das »Instrument«, das beim Erklingen nicht nur unmittelbar die Lebendigkeit seines Trägers ins Zentrum stellt, sondern individuelle Assoziationen, Emotionalität, Theatralik, schlicht eine »Menschlichkeit« auslöst, die jedes Herantasten an die vorher beschriebenen Zwischenräume lebendiger Objekthaftigkeit verunmöglicht.
Insofern war die Einladung zur Mitwirkung an Mediterranean Voices durchaus eine Herausforderung für Marianthi Papalexandri-Alexandri. Sowohl technischein Sänger bedient ja kein Instrument, sondern ist quasi selbst das »Gerät«–, als auch emotional, denn durch die Beschäftigung mit Gesang fühlte sie sich in ihre Vergangenheit zurückversetzt und suchte zunächst ihre eigene Stimme. Eine archaische, griechisch anmutende Melodie ist das »Relikt« aus der Vergangenheit, das nun zum Ausgangsmaterial für das neue Stück wird.
Marianthi Papalexandri-Alexandri stellt das neue Werk in den Kontext ihrer Reihe Untitled, in der sie Musikinstrumente (Blockflöten, Flügel) und Klangobjekte präpariert und dabei oft mit einer Membran versieht, die, durch unterschiedliche Manipulation in Schwingung versetzt, den Resonanzkörper zum Klingen bringt.
»In Untitled VI singen die Vokalisten mit modifizierten resonierenden Röhren und Motoren das griechische Wort ‘akousate’, also ‘aufmerksam hören’. Was passiert, wenn Stimme und Gesang durch motorgesteuerte Resonanzkörper kontrolliert und vermittelt werden? Wie verändert dieser Akt des Singens die physische und imaginierte Präsenz der Stimme? Wie beeinflusst dies den Prozess des intensiven Hörens auf die eigene Stimme, auf die eines anderen, und auf externe Klänge? Mit dem Erkunden dieser Fragen rege ich an, auf die Resonanzen zwischen verschiedenen Stimmen und Körpern zu hören.«
Drei Elemente stehen bei Untitled VI im Zentrum: ein starker, lauter Klang (»here we are!«), eine »schöne« Melodie (»it’s the beauty«) und ein Klang im Raum. Dieser Klang wird durch durch drei auf Sound-Boxen montierte Motoren erzeugt, an denen jeweils ein modifiziertes Zahnrad angebracht ist, um unterschiedliche Rythmen zu kreieren. Ergänzt wird dieser Klang von Klangkörpern auf dem Podium, die von den Sängern gesteuert und auch imitiert werden.
Obschon eine Choreographie der einzelnen Aktionen von der Komponistin und den Sängern gemeinsam festgelegt wurde, erzeugt doch jede Probe und künftig auch jede Aufführung eine einzigartige, in ihren Einzelelementen durchaus narrative Klangskulptur, die Untitled VI in die Nähe einer Installation rückt.

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Der Kompositionsauftrag wurde gefördert von der Ernst von Siemens Musikstiftung
Die Klangobjekte entstanden in Zusammenarbeitmit Pe Lang